gewerbliche Berufsausübungsgemeinschaft bei Minderheitsgesellschaftern?

Die Einkünfte einer Ärzte-GbR sind insgesamt solche aus Gewerbebetrieb, wenn die GbR auch Vergütungen aus ärztlichen Leistungen erzielt, die in nicht unerheblichem Umfang ohne leitende und eigenverantwortliche Beteiligung der Mitunternehmer-Gesellschafter erbracht werden (BFH, Urteil v. 3.11.2015 – VIII R 62/13; veröffentlicht am 30.3.2016).

Hintergrund: Nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG ist ein Angehöriger eines freien Berufs auch dann noch freiberuflich tätig, wenn er sich der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedient, die die Arbeit des Berufsträgers jedenfalls in Teilbereichen ersetzt und nicht nur von untergeordneter Bedeutung ist. Fachlich vorgebildetes Personal sind die im Betrieb des Freiberuflers beschäftigten Personen, aber auch Subunternehmer oder freie Mitarbeiter (z.B. Urteile des BFH v. 14.3.2007 – XI R 59/05; v. 20.12.2000 – XI R 8/00, m.w.N.).

Sachverhalt: Streitig ist, ob die Einkünfte, die die Klägerin, eine Ärzte-GbR, im Streitjahr 2007 aus dem Betrieb einer Arztpraxis erzielt hat, als gewerblich zu qualifizieren sind.

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

1.   Bedient sich der Angehörige eines freien Berufs einer entsprechenden Mithilfe, muss er aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig werden.

2.   Für einen Arzt bedeutet dies, dass er eine höchstpersönliche, individuelle Arbeitsleistung am Patienten schuldet und deshalb einen wesentlichen Teil der ärztlichen Leistungen selbst erbringen muss (vgl. BFH, Urteil v. 16.7.2014 – VIII R 41/12; v. 22.1.2004 – IV R 51/01, m.w.N.).

3.    Erbringen die Gesellschafter einer Personengesellschaft ihre Leistungen teilweise freiberuflich und teilweise – mangels Eigenverantwortlichkeit – gewerblich, so ist ihre Tätigkeit nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG insgesamt als gewerblich zu qualifizieren (z.B. BFH, Urteil v. 27.8.2014 – VIII R 6/12).

4.    Vorliegend hat die Vorinstanz ohne Rechtsfehler erkannt, dass die Vergütungen aus den von Dr. N im Namen der Klägerin erbrachten ärztlichen Leistungen nicht auf eine leitende und eigenverantwortliche Tätigkeit der Mitunternehmer-Gesellschafter der Klägerin entfielen, und die Einkünfte der Klägerin daher als solche aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren sind (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG).

5.   Es hat mit bindender Wirkung festgestellt, dass Dr. N ihre Patienten eigenverantwortlich behandelte. Eine Überwachung durch die Mitunternehmer-Gesellschafter der Klägeriner folgte ebenso wenig wie deren persönliche Mitwirkung bei der Behandlung dieser Patienten.

6.    War die Klägerin hiernach nicht in vollem Umfang freiberuflich tätig, so waren ihre Einkünfte in solche aus Gewerbebetrieb umzuqualifizieren (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG). Denn die aus der Tätigkeit der Dr. N auf der Ebene der Klägerin erzielten Einkünfte waren nicht von lediglich untergeordneter Bedeutung (vgl. zur Bagatellgrenze für die Nichtanwendung der Abfärberegelung in § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG vgl. BFH, Urteil v. 27.8.2014 – VIII R 6/12).

 

Quelle: NWB

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