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Insolvenzverfahren: Zeitpunkt der Erfassung eines Sanierungsgewinns

Sogenannte Planinsolvenzverfahren einer Kapitalgesellschaft führen in der Regel zu Schulderlassen in vollem oder fast vollständigem Umfang. Zwar ist die Überschuldung und/oder Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft damit beseitigt, allerdings entstehen aus dem Schulderlass der Gläubiger regelmäßig Sanierungsgewinne.

Für die Besteuerung solcher Sanierungsgewinne ist die Frage maßgeblich, in welchem Jahr sie erfasst werden. In der Regel ist eine frühzeitige Erfassung steuerlich vorteilhaft, da „auf dem Weg in die Insolvenz“ Verluste entstehen. Sanierungsgewinne können dann mit diesen Verlusten direkt verrechnet werden. In späteren Jahren unterliegen die Sanierungsgewinne möglicherweise entweder der vollen Besteuerung oder sind mit dem Verlustvortrag – zum Beispiel durch die Mindestbesteuerung – nur beschränkt abzugsfähig.

Da beim Durchlaufen eines Planinsolvenzverfahrens jedoch zahlreiche formelle Hürden genommen werden müssen, ist manchmal nicht ganz eindeutig, in welchem Jahr die Entschuldung endgültig stattfindet.

Das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg (FG) sorgt dabei für einige Erhellung im Bilanzierungsdickicht. Im zugrundeliegenden Fall wurde das Insolvenzverfahren am 01.06.2010 eröffnet, der erstellte Insolvenzplan wurde am 16.12.2010 erörtert und von der Gläubigerversammlung angenommen. Die insolvente GmbH stimmte dem Insolvenzplan ebenfalls am 16.12.2010 zu. Auch das Amtsgericht bestätigte den Insolvenzplan am selben Tag.

Am 19.01.2011 hob das zuständige Amtsgericht das Insolvenzverfahren auf und die Gesellschaft wurde durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 22.02.2011 fortgesetzt. Während die GmbH die Erträge aus den (im Insolvenzplan festgelegten) Forderungsverzichten 2010 berücksichtigen wollte, verschob das Finanzamt die Erträge in das Jahr 2011 und zwar mit der Begründung, dass der Insolvenzplan erst mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens am 19.01.2011 rechtskräftig geworden sei.

Die Richter des FG sahen das jedoch anders: Gegen die Bestätigung des Insolvenzplans durch das Amtsgericht am 16.12.2010 stand den Gläubigern nur das Rechtsmittel einer sofortigen Beschwerde zu. Diese war allerdings innerhalb der einschlägigen Frist von zwei Wochen, die am 31.12.2010 – das heißt am Bilanzstichtag – ablief, nicht eingegangen. Also musste die Schuldnerin nicht mehr mit einer Inanspruchnahme rechnen und die Verbindlichkeit musste erfolgswirksam im Jahr 2010 aufgelöst werden.

Hinweis: In der Praxis sollte also darauf geachtet werden, dass der Insolvenzplan beschlossen und durch das Amtsgericht abgesegnet ist. Die sich anschließende Zweiwochenfrist muss vor dem Bilanzstichtag abgelaufen sein.

Mündliche Verhandlung: Verzicht kann nicht ohne weiteres zurückgenommen werden

Ein Finanzgericht kann auch ohne mündliche Verhandlung entscheiden, wenn die Beteiligten eines Rechtsstreits damit einverstanden sind. Nach einem neuen Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) kann der Verzicht auf diesen Termin jedoch nicht ohne weiteres wieder zurückgenommen werden.

Im zugrundeliegenden Fall hatten Vermieter mit ihrem Finanzamt vor dem Finanzgericht München (FG) um die steuerliche Anerkennung von Vermietungsverlusten gestritten. In einer mündlichen Verhandlung erklärte sich das Amt zur Bescheidänderung bereit, woraufhin die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärten. Als Hintertür hielten sich die Beteiligten jedoch einen Widerruf dieser Vereinbarung offen; für diesen Fall erklärten sie sich zudem mit einer Entscheidung des Gerichts ohne erneute mündliche Verhandlung einverstanden.

Der neue Prozessbevollmächtigte der Vermieter widerrief die Erledigungserklärung schließlich fristgerecht und bat – trotz des damals ausgesprochenen Verzichts – um Durchführung einer erneuten mündlichen Verhandlung. Als das FG diesen Wunsch überging und die Klage ohne erneute mündliche Verhandlung abwies, sahen sich die Vermieter einem Verfahrensfehler ausgesetzt (Verletzung des rechtlichen Gehörs). Ihr Versuch, das finanzgerichtliche Urteil noch über eine Nichtzulassungsbeschwerde zu Fall zu bringen, scheiterte vor dem BFH.

Die Bundesrichter ließen die Revision nicht zu, da sie keinen Verfahrensfehler erkennen konnten. Ein Verzicht auf eine mündliche Verhandlung ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung als Prozesshandlung nicht frei widerrufbar. Der Verzicht kann nur ausnahmsweise widerrufen werden, wenn sich die Prozesslage nach der abgegebenen Einverständniserklärung wesentlich geändert hat. Hiervon ist jedoch nicht auszugehen, wenn wie im vorliegenden Fall lediglich der Prozessbevollmächtigte gewechselt wurde.

Hinweis: Wer auf eine mündliche Verhandlung verzichtet, kann diese Entscheidung also nicht ohne weiteres zurücknehmen. Prozessbeteiligte sollten also rechtzeitig abwägen, ob eine mündliche Verhandlung noch zur Darlegung der Sach- und Rechtslage genutzt werden sollte.